Russische Animations-Künstler mit mutiger Bekenntnis

In einem offenen Brief bekennen sich fast tausend Künstler aus der russischen Animationsszene zum Frieden und verurteilen den Krieg, der sich aus ihrer Sicht nicht nur gegen ihre ukrainischen Freunde und Kollegen richtet, sondern gegen die Menschheit als Ganzes. Gleichzeitig startet eine YouTube-Aktion, in der über 100 Animationskünstler in animierten Videos gegen den Krieg in der Ukraine protestieren.

Animationskoryphäen setzen ein zeichen

101 Jahre alt ist der erste Unterzeichner der Liste: Leonid Shvartsman, bekannt durch die Stop-Trick-Filme über Cheburashka und das Krokodil Gena, die vermutlich jedes Kind in der Sowjetunion einmal gesehen hat. Zum 100. Geburtstag gab es noch lobende Worte von Putin, der ihn als „Vater des nationalen Animationsfilms“ bezeichnet. Jetzt bekennt Shvartsman Stellung und sagt Nein zum Krieg. Ihm folgen 949 weitere Unterzeichner (Stand. 14.03.22) aus der Animationsszene und die Liste wächst und wächst weiter.

Unter den Unterzeichnern befinden sich auch Juri Norstein, der vor allem für den Animationsfilm „Die Geschichte der Geschichten“ bekannt ist, vom Los Angeles Olympic Art Festival 1985 als „bester Trickfilm aller Zeiten“ bezeichnet, oder Konstatin Bronzit, der aktuell Art Director bei einem der größten Animationsstudios Russlands ist und bereits zweimal für den Oscar nominiert war.

 

Der offene Brief der Animationsszene wurde in der „Novaya Gazeta“, einer der letzten unabhängig berichtenden Zeitungen Russlands, sowie in einer Facebook-Gruppe veröffentlicht. Im Wortlaut heißt es da:

„We’re convinced that war brings nothing but death, pain and destruction. And nothing can justify it. The animation community of Ukrainian and Russian animation filmmakers is united and inseparable, we have been working together, watching each other’s films for many years. The art of animation is also an art, that helps people feel like people. Not to kill, not to destroy. To unite.

And today our children, brothers are against those with whom they recently played in the same yard and watched the same cartoons, without distinguishing whether they are Russian or Ukrainian ones.

Animation and art in general have always been imbued with anti-war spirit. We believe that today’s actions are directed not just our Ukrainian friends and colleagues, but against all people, humanity and Man as a whole.

We are against war. We want the words about the brotherly people not to turn in a bloody nightmare.

There is no excuse for bombing and killing!”

 

 youtube-kampagne: #animators against war

Gleichzeitig gehen YouTube-Videos online, die jeweils ein Zusammenschnitt aus vielen Einzelanimationen sind: „нет войны“ – „No War“ ist die Aussage jedes Clips, individuell gestaltet von jedem einzelnen Animationskünstler. So entstehen Collagen von hoher künstlerischer Qualität, ein düsterer Stile-Mix, dessen Bilder unter die Haut gehen und dessen Botschaft hängen bleibt. Vier YouTube-Videos sind es bisher, teilweise mit über 20.000 Views.

 

 

Die Animationskünstler gehen mit ihrem offenen Brief in Russland ein hohes Risiko ein. Die vor kurzem erlassene Verschärfung des russischen Mediengesetzes erlaubt drakonische Strafen gegen Menschen, die den Krieg in der Ukraine beim Namen nennen und verurteilen: Bis zum 15 Jahre Haft sind möglich.

Noch scheinen sich die Künstler davon nicht einschüchtern zu lassen, ganz im Gegenteil: Den Link zur Telegram-Gruppe, sollte Facebook für sie gesperrt werden, ist bereits prominent platziert.

 

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